Schwerpunktthema der ÖGPB Projektförderung 2025
Menschenrechte heute
Menschenrechte werden gewöhnlich mit Recht und Ethik (Werte) verknüpft. In nationalstaatliche Verfassungen eingegossen, sind sie indes von zentraler Bedeutung auch für Demokratie, Rechtsstaat und internationales Recht, somit auch Gegenstand von Politik.
Einerseits sind ihre Komponenten, Grund- und Freiheitsrechte, soziale Rechte und kulturelle Rechte, jeweils inhaltlich umstritten, andererseits werden diese je nach politischer Perspektive unterschiedlich favorisiert: Während der Republikanismus in den Menschenrechten vor allem die Grundrechte erblickt, pocht der Liberalismus auf den Aspekt der Freiheit. Die „zweite Generation“ des Regelwerks umfasst soziale Aspekte wie Recht auf Arbeit und wird als Beitrag des damaligen sozialistischen Blocks angesehen. Kulturelle Rechte sind wiederum im Zusammenhang mit postkolonialen Theorieansätzen auch heute Bestandteil akademischer und politischer Diskurse – etwa die Frage, ob die Menschenrechte als Individualrecht aufzufassen sind oder sozialen Gruppen kollektiv zukommen.
Menschenrechte waren (und sind) auch immer wieder Gegenstand verschiedener Kritik. Die Debatte darüber, inwieweit das Menschenbild dieses Rechtsystems „eurozentrisch“ sei und ob es in anderen kulturellen Kontexten gelten könne, entfacht seit Längerem einen Streit zwischen Universalismus und Kulturrelativismus. Hannah Arendt kritisierte Menschenrechte wegen ihrer Bindung an Staatsangehörigkeit – Staatenlose hätten es daher schwer, als Menschen mit Rechten akzeptiert zu werden. Die feministische Kritik wiederum betraf den männlichen Blick, der Menschenrechte (jedenfalls ursprünglich) als Männerrechte ansah.
Wiewohl als Grundrecht verbreitet, stehen die Menschenrechte heute einer Tendenz gegenüber, die sie entkräften oder ihren Umfang einengen will. Seit 2015 etwa wurde in vielen europäischen Staaten die Forderung laut, Teile der Menschenrechte, allen voran die Flüchtlingskonvention, zu „überdenken“ und neu zu verfassen. Zwar reicht ihre Geschichte bis in die Antike zurück, doch sind die Menschenrechte in ihrer heutigen Form ein Produkt der Erfahrungen mit dem NS-Regime und dem Zweiten Weltkrieg, dessen Ende sich 2025 zum 80. Mal jährt. In welchem Licht stehen die Menschenrechte heute? Können sie eine effektive Brandmauer gegen autoritäre Tendenzen bilden? Können wir angesichts der aktuellen Kriegsschauplätze auch ein „Recht auf Frieden“ aus diesem Regelwerk ableiten, wie es in der UN-Erklärung „Recht der Völker auf Frieden“ von 1984 steht? Welche Rolle spielt die Menschenrechtsbildung heute als Teil der politischen (Friedens-)Bildung?
2025 ist auch das Internationale Jahr der „Digital Citizenship Education“: eine Maßnahme des Europarats zur Steigerung der „digitalen Mündigkeit“ durch Bildung. Digitalisierung führte in den letzten Jahrzehnten nicht nur zu technologischen Errungenschaften, sondern auch zu sozialen Spaltungen entlang Alter, Bildung, Gender, Wohlstand und globaler Nord-Süd-Verhältnisse. Diese Entwicklung wirft die Frage auf, ob es nicht Zeit ist, über „digitale Rechte“ als Menschenrechte nachzudenken – auch im Rahmen der politischen Bildung.
Wir laden herzlich ein, Projekte zu diesen und ähnlichen Fragen sowie mit allgemeinen Informationen zu Menschenrechten einzureichen.
Bei der Projektförderung werden etwa 50 % der gesamten Fördermittel an Projektvorhaben vergeben, die sich mit diesem thematischen Schwerpunkt auseinandersetzen. Mit den übrigen 50 % der Mittel werden auch Projekte zu anderen, frei wählbaren Themen der politischen Erwachsenenbildung (gerne auch zu den Schwerpunktthemen der Vorjahre) gefördert, um die Kontinuität der Bildungsarbeit zu gewährleisten.