Schwerpunktthema der ÖGPB Projektförderung 2026
Frieden schaffen
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe „die europäische Friedensordnung nicht nur erschüttert, sondern sie buchstäblich zertrümmert“, konstatiert der deutsche Politikwissenschafter Herfried Münkler. Auch außerhalb Europas, allen voran im Nahen Osten und in Subsahara-Afrika, sorgen derzeit zahlreiche Konfliktherde für militärische Auseinandersetzungen. Seit 2022 befindet sich das weltweite Gewaltgeschehen auf dem höchsten Niveau seit 30 Jahren und die Zahl der Kriegsopfer verdoppelte sich im Vergleich zu den Vorjahren. Vor allem die Zivilbevölkerung leidet – so dient Gewalt gegen Frauen, Kinder und vulnerable Gruppen in vielen Regionen als Kriegswaffe.
In Europa erhält die Forderung nach einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zunehmend Aufwind. Die Mitgliedstaaten der EU werden dazu aufgefordert, einen höheren Anteil ihrer nationalen Ausgaben für Rüstung aufzuwenden. Österreich erhöhte daraufhin sein Verteidigungsbudget zum fünften Mal in Folge – trotz anhaltenden Budgetdefizits. Kritiker*innen befürchten eine „Aufrüstungsspirale“, und das Fehlen staatlicher Gelder in anderen Politikbereichen wie Gesundheit, Bildung und Klimaschutz. Zudem wird 70 Jahre nach Inkrafttreten der Neutralität Österreichs diskutiert, wie zeitgemäß diese noch sei.
Der Diskurs über Sicherheit ist auf einige wenige Perspektiven beschränkt. Das Fehlen von Kriegen bedeutet noch keinen Frieden. Hiefür sind Faktoren wie soziale Gerechtigkeit für die Schaffung eines „inneren Friedens“, das friedvolle gesellschaftliche Zusammenleben innerhalb eines Staates, ganz zentral. Zudem tragen die aktuellen militärischen Auseinandersetzungen zu einer Polarisierung auch in jenen Ländern bei, in denen sie nicht stattfinden – neben dem Russland/Ukraine-Krieg wird dies anhand des Israel/Palästina-Konflikts deutlich. Für die politische Bildung stellt sich infolgedessen die Herausforderung, in dieser komplexen, globalen Gemengelage mit verkürzten Positionen umzugehen und dazu beizutragen, die Krise in ihrer Komplexität verständlich zu machen und nach Alternativen zu suchen. Als Bestandteil der politischen Bildung kommt dabei der Friedenspädagogik, die Menschen aller Altersgruppen befähigen soll, mit Konflikten gewaltfrei umzugehen, eine wesentliche Rolle zu.
Kurzum: Die Debatte um Krieg und Frieden gewinnt in der politischen Erwachsenenbildung an Relevanz. Folgende Fragen im Rahmen des Jahresschwerpunktthemas sollen dabei als Anregung dienen: Welche ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Implikationen gehen mit Kriegen sowie gewaltsamen Konflikten einher und welche Bevölkerungsgruppen sind in welcher Weise von diesen betroffen? Wie kann (politische) Bildung angesichts der Zunahme kriegerischer Handlungen und der Tendenzen zur Polarisierung zu einer Kultur des Friedens beitragen und den „inneren Frieden“ sowie die Demokratie stärken? Wie kann man „Frieden lernen“, und welche Ansätze, Initiativen und didaktische Zugänge gibt es dazu?
Das diesjährige Schwerpunktthema der ÖGPB lädt ein, Projekte politischer Bildung über Aspekte von Krieg und Frieden zu entwickeln und diese in der Öffentlichkeit zur Diskussion zu stellen.
Bei der Projektförderung werden etwa 50 % der gesamten Fördermittel an Projektvorhaben vergeben, die sich mit diesem thematischen Schwerpunkt auseinandersetzen. Mit den übrigen 50 % der Mittel werden auch Projekte zu anderen, frei wählbaren Themen der politischen Erwachsenenbildung (gerne auch zu den Schwerpunktthemen der Vorjahre) gefördert, um die Kontinuität der Bildungsarbeit zu gewährleisten.