Die Dienstagsvorlesungen: Politische Streitfragen unserer Gegenwart

Online-Ringvorlesung der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung – ÖGPB


Viele Menschen halten sich für unpolitisch oder sagen: „Ich bin nicht an Politik interessiert.“ Die meisten Fragen des Alltags jedoch, die sie selbst und ihre Nächsten unmittelbar betreffen und beschäftigen, sind allesamt politischer Natur: extreme Wetter-Ereignisse, anhaltende Teuerung von lebenswichtigen Waren, problematische Arbeitsverhältnisse, immer dichter werdender Straßenverkehr oder die „Impffrage“ und vieles mehr. Es sind Themen, die nicht nur Regierungen und Parteien vor neue Herausforderungen stellen. Sie nehmen auch einen zentralen Platz in den öffentlichen Diskussionen sowie im Gespräch am Arbeitsplatz, im Bekanntenkreis und am Stammtisch ein. Jede dieser alltäglichen Hauptfragen unserer Gegenwart besitzt zudem die Kraft, die Gesellschaft in zwei Hälften mit gegensätzlichen Meinungen und Positionen aufzuspalten.

Das größte Problem ist dabei, dass solche Streitfragen zunehmend „technisch“ diskutiert werden. Um da mitmischen oder nur sich eine eigene Meinung bilden zu können, sind Fachwissen, vorzuweisende Fakten, Daten und jedenfalls ein eingehender Überblick über das jeweilige Thema erforderlich. Überspitzt formuliert: Wer nicht mit Zahlen und Expertenwissen nachweisen kann, dass das Brot in der Einkaufstasche monatlich teurer wird, scheint keine Berechtigung zu haben, sich über den Preis zu beschweren.

Wie sollen wir uns über komplexe Zusammenhänge informieren, wo doch Fachbücher, Zeitungsartikel, Videos oder Podcasts eine unübersichtliche Fülle erreicht haben? Es ist schier unmöglich, in diesem Informationsdschungel das Wesentliche vom Belanglosen, das Seriöse vom Fake zu unterscheiden. Vor allem: Das relevante Wissen ist zumeist in einer schwer zugänglichen Fachsprache gehalten.

Die ÖGPB veranstaltet eine Reihe von Online-Vorlesungen zu den wichtigsten politischen Themen unserer Gegenwart, welche an sechs aufeinanderfolgenden Dienstagen im Mai und Juni stattfinden. Drei Wissenschaftler*innen mit profundem Fachwissen bieten (in je zwei Vorlesungen) einen umfassenden Überblick über jeweils eine politische Streitfrage, gehen auf deren besondere Aspekte ein und unterstützen mit Quellenempfehlungen auch die nachhaltige Beschäftigung mit der Materie.

Obwohl „Ringvorlesung“ an eine akademische Form der Wissensvermittlung denken lässt, sind die Dienstagsvorlesungen für alle interessierten Erwachsenen zugänglich – auch ohne Vorkenntnisse. 

Dienstagsvorlesungen 2024 – Themen und Referent*innen:

14. und 21. Mai 2024

Claus Oberhauser:
Die verschwörungstheoretische Versuchung
Verschwörungsdenken als Herausforderung der Demokratie?

Zunächst werde ich den Begriff „Verschwörungstheorie“ erklären. Dabei wird die aktuelle Debatte im deutschsprachigen Raum und der internationale Stand der Forschung miteinbezogen. Danach werde ich auf historische sowie gegenwärtige Fallbeispiele eingehen, um die Frage zu beantworten, wann „Verschwörungstheorien“ vor allem sichtbar und wirksam sind. Des Weiteren wird danach gefragt, ob diese eher eine „menschliche“ Antwort auf Krisen oder eine politische Strategie darstellen. Ich führe aus, welche Rolle Medien und vor allem social media hinsichtlich ihrer Verbreitung spielen. Ferner wird aufgezeigt, welche Maßnahmen man im Privaten sowie gesellschaftlich vorbeugend treffen kann, damit insbesondere extreme Formen des Verschwörungsdenkens nicht überhandnehmen. Schlussendlich geht es um die Herausforderung der Politischen Bildung, der Gesellschaft und der Demokratie durch Verschwörungsdenken.

Dr. Claus Oberhauser ist Hochschulprofessor für Geschichtsdidaktik und Politische Bildung an der Pädagogischen Hochschule Tirol und lehrt auch an der Universität Innsbruck. Er beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit dem Verschwörungsdenken aus historischer, politisch bildender und geschichtsdidaktischer Perspektive.


28. Mai und 4. Juni 2024

Melanie Pichler:
Von der Klimakrise zu Klimagerechtigkeit
Welcher der umkämpften Wege führt in eine klimafreundliche Zukunft?

Die Klimakrise ist auch in Österreich angekommen. Hitzewellen im Sommer, grüne Skipisten im Winter, Überschwemmungen quer durchs Jahr. Während die einen immer deutlicher warnen, verteidigen andere immer entschlossener ihre fossilen Geschäftsmodelle und Alltagsgewohnheiten. Autofahren und Schnitzelessen spalten zunehmend die Nation. Doch wie kommen wir da wieder raus? Welche Aufgaben haben die Regierungen, welche einzelne Bürger*innen? Reicht es aus, einfach das Richtige zu kaufen? Welche Reaktionen auf die Klimakrise gibt es derzeit, und welche Alternativen kann es dazu geben?

In der Vorlesung wird der politische Charakter der Klimakrise beleuchtet und die Frage diskutiert, wie die Bearbeitung der Klimakrise mit sozialer Gerechtigkeit verbunden werden kann.

Dr.in Melanie Pichler ist Politikwissenschafterin am Institut für Soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur Wien. Sie forscht zu den umkämpften Strategien, Machtverhältnissen und Konflikten, die mit der Klimakrise einhergehen. Ihre geografischen Schwerpunkte sind Europa und Südostasien. Aktuell arbeitet sie unter anderem zu den Herausforderungen einer Abkehr von fossilen Energieträgern im Rahmen des European Green Deal. Zudem unterrichtet sie im neuen Masterstudiengang der BOKU „Climate Change and Societal Transformation“.


11. und 18. Juni 2024

Sonja Luksik:
Beruf, Beschäftigung oder Belastung?
Müssen wir Arbeit neu verteilen?

Kinder betreuen, Alte pflegen, Kranke versorgen – diese Tätigkeiten erscheinen in unserer Gesellschaft als Selbstverständlichkeit, obwohl sie mit harter Arbeit verbunden sind. „Care-Arbeit“ bleibt einerseits zumeist unsichtbar, andererseits ist sie seit jeher politisch und ökonomisch umkämpft.

Der Care-Sektor, in dem vor allem Frauen und Migrantinnen bezahlt oder unbezahlt tätig sind, ist nur eines von zahlreichen Beispielen für die globale Ungleichverteilung von Arbeit. Vor allem jüngere Menschen widersetzen sich zunehmend dieser Entwicklung: Sie legen Wert auf ein ausgewogeneres Verhältnis von Arbeit und Freizeit. Mit Blick auf Österreich lässt sich feststellen: Dieser Wunsch wird so schnell nicht in Erfüllung gehen. Viele Branchen bieten nur Vollzeit-Stellen oder Gehälter, die eine 40-Stunden-Woche notwendig machen.

Die Entscheidung darüber, wie viel man arbeiten kann oder möchte, ist also keine rein individuelle, sondern hängt mit gesellschaftlichen Bedingungen zusammen. Können aktuelle Vorschläge wie Arbeitszeitverkürzung oder Aufwertung von Care-Arbeit zur Überwindung von Schieflagen beitragen? Muss Arbeit gänzlich neu verteilt werden?

Sonja Luksik, MA studierte Politikwissenschaft an der Universität Wien und der Centre Européen Universitaire (CEU) in Nancy, Frankreich. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Trainerin bei der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung (ÖGPB) und Vorstandsmitglied der Interessengemeinschaft Politische Bildung (IGPB).

jeweils 18:00 bis 19:30 Uhr, pünktlich

Keine Teilnahmegebühr!

Anmeldung (erforderlich) unter:
Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung
gesellschaft@politischebildung.at

Die Dienstagsvorlesungen finden in Zoom statt. Die Zugangsdaten werden nach der Anmeldung zugeschickt.

Beim Absolvieren der gesamten Ringvorlesung (6 Vorlesungen) ist das Bildungsangebot mit 0,5 ECTS bei der wba akkreditiert.

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